NACH OBEN

Forschungsschwerpunkte der Sektion

Die Forschung an der Sektion konzentriert sich auf die sich überschneidenden Bereiche der Sprachgeschichte, Schriftgeschichte und -typologie sowie auch der Forschungs- und Sammlungsgeschichte (für vollständige Literaturangaben siehe die Personalseiten von Sven Osterkamp, Gordian Schreiber und Sophie Takahashi). Hierbei spielen neben Varietäten des Japanischen und den eng verwandten ryukyuanischen Sprachen gelegentlich auch andere Sprachen Ostasiens eine Rolle.

Die Sprachgeschichte seit ihren textlich belegten Anfängen im Altjapanischen wird einerseits lautgeschichtlich behandelt. Hierbei können als Schreibmaterial verwendete Holztäfelchen (sogenannte mokkan) aus dem 7. und 8. Jahrhundert als Quelle zur altjapanischen Phonologie (Osterkamp 2017d) dienen oder die mittel- und neujapanische Lautgeschichte wird aus der Perspektive koreanischer und anderer nicht-japanischer Quellen behandelt (Osterkamp 2024d). Andererseits wird auch Grammatisches in den Blick genommen, beispielsweise sogenannte Genitivsubjekte im Klassischjapanischen (Osterkamp 2014b), aber auch die Frage der Periodisierung der japanischen Sprachgeschichte anhand grammatischer Veränderungen am Übergang vom Alt- zum Klassischjapanischen (Osterkamp 2021b). Zumeist sind die in diesem Bereich herangezogenen Quellen unmittelbar als Zeugen von innerasiatischem wie auch japanisch-europäischen Sprach- und Schriftkontakt einzustufen.

In der Schriftgeschichte lagen die Schwerpunkte bislang einerseits auf der Verschriftung des Altjapanischen, insbesondere auf dem Phänomen der zweisilbigen Phonogramme (Osterkamp 2011), andererseits auf verschiedenen vorwiegend morphographischen Verschriftungsstilen (Schreiber 2022). In beiden Fällen handelt es sich um Phänomene von unmittelbarer Revelanz für den Bereich der Schrifttypologie im Allgemeinen. Entsprechend geht auch die Forschung an der Sektion hier über das Japanische hinaus. In den vergangenen Jahren wurden so auch manche Grundlagen der Schrifttypologie angegangen, etwa die Dichotomie von Phonographie und Morphographie (Osterkamp & Schreiber 2021a) und Polygraphie (Osterkamp & Schreiber 2022). Gegenwärtig wird ein neuer Ansatz für die typologische Beschreibung und Klassifikation von Schriftsystemen ausgearbeitet (Osterkamp & Schreiber 2024e).

Der dritte Bereich der Forschungsgeschichte betrifft zwar öfter auch für die Sprach- oder Schriftgeschichte relevantes Material, ist jedoch mit einem eigenen Blickwinkel ausgestattet. Bislang wurden Überblicksdarstellungen zu den ersten Jahrhunderten europäischer Kenntnisse des Ryukyuanischen (Osterkamp 2015a) oder auch des Koreanischen (Osterkamp 2011a) vorgelegt. Bei den Arbeiten zum Japanischen standen aufgrund der immensen Materialfülle hingegen in der Regel einzelne Personen und ihr Werk im Vordergrund. Europäische Gelehrte der Frühen Neuzeit wie Andreas Müller (1630–1694) oder Lorenzo Hervás (1735–1809) und ihre Arbeiten zur japanischen Schrift (Osterkamp 2010c, 2015d) kommen hier ebenso infrage wie etwa der polyglotte Dolmetscher Yoshio Gonnosuke (1785–1831) in Nagasaki und seine vergleichende Grammatik des Japanischen und Niederländischen (Osterkamp 2023a).

Vom letztgenannten Werk konnten mehrere Manuskriptfragmente unter den Bochumer Sieboldiana identifiziert werden, was gleichzeitig den engen Zusammenhang zwischen Forschungs- und Sammlungsgeschichte illustriert. Abgesehen von Arbeiten zu den Sammlungen von Philipp Franz von Siebold (1796–1866) und seinem Umfeld (Osterkamp 2010a, 2014c, 2015b, 2015c) wurde in letzter Zeit die Provenienz von Jesuitendrucken aus Japan und das Netzwerk ihrer ersten Besitzer im 17./18. Jahrhundert aufgearbeitet (Osterkamp im Druck). Über die Erschließung historischer Sammlungskataloge und vergleichbarer Quellen ließen sich zudem bereits wiederholt neue Quellen auftun, in den letzten Jahren vor allem solche aus dem Kontext der frühen christlichen Missionierung Japans:

  • handschriftliche Vorläufer der 1632 lateinisch gedruckten Grammatik von Diego Collado in der Vatikanbibliothek (Osterkamp 2014a)
  • Manuskript der jesuitischen Compendia in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel (Osterkamp 2020b, 2023b; Takahashi 2023a)
  • Jesuitendruck eines Beichtbuches in der Universitätsbibliothek Utrecht (Osterkamp 2022b, 2024c)